2025/04/02
Tagebuch 1974, Teil 80: Ban Houei Sai (Laos) - Chiang Rai (Thailand)
von Dr. Christian G. Pätzold
Sieben nach Edelsteinen.
Foto von Dr. Christian G. Pätzold, 24. Januar 1974.
23. Januar 1974, Luang Prabang - Ban Houei Sai, Mittwoch
Heute wollten wir von der alten laotischen Königsstadt Luang Prabang zur Stadt Ban Houei Sai an der thailändischen Grenze fliegen. Fliegen deshalb, weil der Landweg wegen des Bürgerkriegs in Laos nicht möglich war. Wir hatten auch schon ein Flugticket für heute gekauft. Morgens war ich im Royal Air Lao Office, wo mir eine Beschäftigte sagte, dass erst nächste Woche ein Flug nach Ban Huei Sai gehe. Na prima. Wir sind trotzdem zum Flughafen gefahren und haben uns erkundigt. Dort sagte man uns, dass von Royal Air Lao nur 2 Flüge nach Vientiane gingen. Wir bekamen mit, dass einige Ausländer zum benachbarten Militärstützpunkt fuhren, wohin wir uns auch aufmachten. Dort gab es 4 Hubschrauber, die ab und zu patrouillierten. Außerdem einen Propellerbomber mit leeren Aufhängevorrichtungen, der das Landen übte. Ein Botschaftsflugzeug "United States of America" landete. Die Ziegen am Rollfeld grasten friedlich in der Morgensonne. Dann sagte mir ein Mann vertraulich, dass das Militärflugzeug 545 nach Ban Huei Sai um 11 Uhr fliegt. Ich fragte ihn auf Französisch, ob man mitfliegen könne. Er sagte, ich müsste den Kommandanten der Militärbasis fragen. Ich lief also über die Rollbahn und fragte den Kommandanten auf Französisch, ob man mitfliegen könne. Der Kommandant war sehr freundlich, bot mir einen Stuhl an und fragte, ob ich Lao spreche. Ich verneinte. Darauf gab er mir einen Zettel für den Transportchef und ließ mich mit einem Jeep hinfahren. Der Transportchef fragte nach unseren Namen und setzte uns auf die Liste. Ich holte meine Reisepartnerin und unsere Rucksäcke und wir bestiegen den Laderaum des Flugzeugs zusammen mit Soldaten und laotischen Bauern. Das Flugzeug entwickelte eine mächtigen Krach und in 1 Stunde waren wir in Ban Houei Sai.
Der Flug im Laderaum eines klapprigen Militärflugzeugs der laotischen Regierungstruppen war schon recht abenteuerlich. Ich glaube ich kann den Flug als 9. kritischen Moment meiner Weltreise verbuchen.
In Ban Houei Sai war sofort die thailändische Nähe zu spüren, auf der anderen Seite des Mekong lag ja Thailand, man konnte in der Stadt mit thailändischem Baht bezahlen. Wir haben ein Hotel für 1.000 Kip (3 DM) gebucht. Ich habe eine Postkarte nach Berlin abgeschickt. Der Postbeamte hat uns bereitwillig einen Stadtplan von Ban Houei Sai gezeichnet. Heute war Chinesisches Neujahr und im Royal Air Lao Office waren alle betrunken und riefen "Happy New Year", so dass wir nicht das Geld für unseren nicht stattgefundenen Flug mit Royal Air Lao zurückverlangen konnten. Wir gingen etwas in der Stadt spazieren und noch hoch zur Pagode, wo wir auf einen kommunistischen Studenten trafen, mit dem wir uns unterhielten.
24. Januar 1974, Ban Houei Sai, Donnerstag
Morgens sind wir zu einer Saphirmine nahe Ban Houei Sai gefahren, in der Männer aus tiefen Löchern Erde rausschaufelten und sie dann mit Sieben im Fluss wuschen. Sie haben nur schwarze Edelsteine gefunden. Wir haben mit einem jungen Mann gesprochen, der ganz wenig Englisch sprechen konnte.
Nachmittags haben wir doch noch das Geld für unser Flugticket von Royal Air Laos zurückbekommen, minus 10 Prozent. Dann waren wir auf der Pagode, wo wir uns mit einem jungen Mönch auf Französisch unterhalten haben. In seiner Schule wurde alles auf Französisch unterrichtet. Abends haben wir noch einen thailändischen Film gesehen, in dem ein armer Bauersohn einen Doppelgänger in einer reichen Familie in Bangkok hatte.
25. Januar 1974, Chiang Rai, Freitag
Am Morgen haben wir Laos verlassen und sind mit dem Boot über den Mekong nach Thailand übergesetzt, für 3 Baht (50 Pfennig). Es war nicht leicht, den laotischen Abfertigungsbeamten zu finden, der in der frischen Luft am Ufer des Mekong an einem Holztisch saß und auf Kunden wartete. Für die Einheimischen gab es keine Grenzkontrolle, auch zwischen Thailand und Burma nicht. Jetzt kamen gerade 13.000 Menschen von den Bergstämmen nach Thailand hinüber, da in Burma Unruhen ausgebrochen waren. Wir waren jetzt im Goldenen Dreieck von Thailand, Laos und Burma, das angeblich deswegen golden heißt, weil früher das Heroin mit Gold bezahlt wurde.
Auf der thailändischen Seite des Mekong in Chiang Khong mussten wir erst eine Viertelstunde rumlaufen, bis wir den Grenzbeamten gefunden hatten. Wir wollten ja schließlich unsere Einreise im Pass dokumentiert haben. Sicher ist sicher. Der Grenzbeamte meinte. "Alles wird Bangkok mitgeteilt." Das war beruhigend.
In Chiang Rai hatten wir die Adresse von Herbert Pledel vom Deutschen Entwicklungsdienst (DED), den wir in der Boys Trade School angetroffen haben und bei dem wir übernachten konnten. Er war Automechaniker und hat versucht, uns Schafskopf beizubringen. In meiner Jugendzeit gab es ein paar Versuche, mir Spiele wie Schach, Skat oder Poker beizubringen, aber all diese Spiele haben mich nicht interessiert und ich habe die Spielregeln schnell vergessen. Ich hatte keine Lust darauf, als Gewinner oder Verlierer dazustehen und meine Zeit mit etwas Sinnlosem zu verschwenden. Er hatte 2 Kaninchen und Fische im Badezimmer.
© Dr. Christian G. Pätzold, April 2025.
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2025/03/31
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2025/03/29
Dagmar Sinn
Hundewetter
Ach wie war es gestern schön:
Sonnenschein, spazieren gehn.
Winters Schokoladenseite,
und wie ist das Wetter heute?
Menschen, dick verhüllt, mit Hund
schleichen über nassen Grund.
Kälte kriecht, ist das gesund?
Und die Grippe geht jetzt rund.
Nebel unser Land verhüllt,
kahle Bäume, trübes Bild.
Bock auf nichts, bin abgeneigt,
mein Bedarf an Trüffeln steigt.
Ein Kakao und ein Stück Kuchen,
will die gute Laune suchen.
Auf dem Markt der Metzgerstand
endlich meinen Beifall fand.
Gulasch, Wurst und was vom Schwein
kaufe ich begeistert ein.
Schwirre damit in die Küche,
Ort für deft'ge Wohlgerüche.
Rest des Tages ist gerettet,
Fleisch kocht und brät und wird gefettet.
Oh gute-Laune-Kalorie -
es gibt sie und ich liebe sie!
© Dagmar Sinn, März 2025.
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2025/03/26
Baum des Jahres 2025: Die Amerikanische Rot-Eiche (Quercus rubra)
von Dr. Christian G. Pätzold
Histoire des arbres forestiers de l'Amerique septentrionale, 1812, Tafel 26.
Quelle: Wikimedia Commons.
Die aus dem Osten von Nordamerika stammende Rot-Eiche (Quercus rubra) ist zum Baum des Jahres 2025 in Deutschland gewählt worden. Sie wurde angeblich zuerst im 17. oder 18. Jahrhundert als Zierbaum in Parks nach Europa gebracht, denn ihre dekorativen spitzen Blätter unterscheiden sich von den europäischen Eichenarten und ihre Herbstfärbung ist spektakulär rot. Inzwischen ist sie überall in Deutschland als Zierbaum zu finden und wird auch in kleinem Umfang forstwirtschaftlich angebaut. Im Wald in Deutschland ist sie mit weniger als 1 Prozent vertreten.
Die Rot-Eichen wachsen relativ schnell, werden bis zu 35 Meter hoch und können 400 Jahre alt werden. Das Holz der Rot-Eiche wird als Bauholz und als Furnierholz genutzt. Daher ist der Anbau der Rot-Eiche auch wirtschaftlich interessant.
Es wird darüber diskutiert, ob die Amerikanische Rot-Eiche als invasive Art in Europa eingestuft werden soll. Das würde bedeuten, dass ihre Ausbreitung eingeschränkt werden sollte. Dagegen spricht, dass sich die Rot-Eiche von selbst kaum rasant ausbreitet. Außerdem scheint sie den Klimawandel besser zu verkraften als die heimischen Eichenarten (höhere Trockenstresstoleranz), so dass sie für die Erhaltung des Waldes wichtig werden könnte. Auch die einheimische Flora und Fauna scheint sie nicht negativ zu beeinflussen.
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2025/03/22
Affogato al caffè
von Dr. Christian G. Pätzold
Die Espressomaschine wird gerade 125 Jahre alt und da viele von uns sich hauptsächlich mit Espresso am Leben halten, soll an ihn erinnert werden. Um 1900 in Mailand ließ Luigi Bezzera die erste Maschine für caffè espresso patentieren. Dabei wird Wasser mit hohem Druck durch das Kaffeemehl gepresst, was einen konzentrierten Kaffee mit besonderem Aroma ergibt. Der italienische Name Espresso soll von den englischen Express Dampflokomotiven stammen, die im 19. Jahrhundert die Gemüter bewegten. Express bedeutete Schnellzug, und tatsächlich wird der Espresso in der Maschine auch recht schnell produziert.
Die Kaffeebohne wird für den Espresso stärker geröstet als für den herkömmlichen Kaffee. Das trifft auf den Mailänder Espresso zu, beim sizilianischen Espresso wird die Bohne noch stärker geröstet. Dadurch entsteht ein starker Kaffee, der aus kleinen Porzellantassen getrunken wird, seltener aus einem Glas. Der klassische Espresso wird schwarz getrunken, ohne Milch. Manche trinken ihn mit Zucker, andere ungesüßt. Jedenfalls liegt meist ein kleiner Löffel auf der Untertasse. In guten Espressobars wird der Espresso mit einem Glas Leitungswasser serviert.
Der Espresso ist dank des Koffeins ein effektiver Muntermacher für zwischendurch und wird in Unmengen in Büros getrunken, besonders in Süd-Europa und in Süd-Amerika. In Deutschland heißt der Espresso Espresso, in Italien Caffè, in Frankreich Café und in Österreich Mokka.
Beim Espresso gibt es eine große Menge Variationen. Beliebte Espressi mit Milch sind Cappuccino, Latte macchiato und Caffè Latte.
Der Cappuccino besteht aus einem Espresso, auf den eine Haube von etwas geschäumter Milch gegeben wird. Der Name des Cappuccino soll von der Kleidung der Kapuzinermönche stammen.
Die Latte macchiato ist ein italienisches Kindergetränk aus viel warmer Milch, in die etwas Espresso gemischt wird.
Caffè Latte ist der herkömmliche Milchkaffee, auf Französisch Café au lait, der oft zum Frühstück getrunken wird, traditionell aus einer Schale. Beim Milchkaffee sind Kaffee und Milch im Verhältnis 1 : 1 vermischt.
Der Affogato oder Affogato al caffè, italienisch für ertrunken im Kaffee, ist eine Mischung zwischen Nachspeise und Getränk. Es werden eine Kugel Vanilleeis in einer Espressotasse und der Espresso in einem Glas serviert. Der Espresso wird dann über das Vanilleeis gegossen, das mit einem kleinen Löffel gegessen wird. Der restliche Espresso wird dann getrunken. An Stelle der Kugel Vanilleeis kann auch Nusseis oder Schokoladeneis verwendet werden. In einer weiteren Variation wird ein Schuss Amaretto (Persiko), Likör mit Aprikosenkernöl, hinzugefügt. Dolce vita. Eine paradiesische Komposition. Oh ! Ah ! Schlabber. Schlürf.
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2025/03/18
Reinhild Paarmann
Über sieben Brücken
Über sieben Brücken
musst du geh'n*, hoffentlich
sind sie nicht marode.
zelten Menschen in Gaza,
Mehlsäcke mit Würmern
hängen oben an Stangen,
ihre Häuser zerstört,
nachts kam das Wasser. "Fast
wären wir ertrunken",
sagt ein Mädchen, Brücken
zum Frieden zerbombt,
wohin kannst du geh'n?
*Karat
© Reinhild Paarmann, März 2025.
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2025/03/14
Was ist Krämerlatein ?
von Dr. Christian G. Pätzold
Wir betreten das Gebiet der Sprachwissenschaft. Der Duden gibt als Bedeutung Kauderwelsch und Händlersprache an. Im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache (DWDS) bekommt man die Hinweise Rotwelsch, Gaunersprache, Breyeller Händlersprache (Henese Fleck), Geheimsprache, Frickhöfer Sprache, Hausierersprache. In der Wikipedia erhält man zum Rotwelsch weitere Hinweise. Es handelt sich um Sondersprachen oder Dialekte gesellschaftlicher Randgruppen, etwa Bettlersprachen, Vagantensprachen (fahrendes Volk), das Jenische (der fahrenden Bevölkerungsgruppen), Kriminellensprachen, Zigeunersprachen, Argot (Soziolekte und Geheimsprachen in Frankreich).
Das Wort Krämer ist ein altes Wort für Händler. Es stammt von dem alten Wort Kram, mit dem Handelsware bezeichnet wurde. In dem Wort Krämerlatein sind aber nicht so sehr die stationären Händler gemeint, die ein festes Ladengeschäft in einer Stadt besaßen. Gemeint sind die ambulanten, fahrenden Händler, die durch die Lande von Dorf zu Dorf zogen und ihre Waren in den Höfen der Bauern anboten. Sie trugen ihre Waren oft in großen Weidenkörben auf dem Rücken, den Kiepen, und wurden daher auch Kiepenkerle genannt. Einige Kiepenkerle entwickelten ganz eigene Sprachen, die oft nur in einem Ort oder in einer begrenzten Gegend gesprochen wurden.
Und mit Latein in Krämerlatein ist nicht etwa die Sprache der alten Römer gemeint, sondern allgemein eine fremde, unverständliche Sprache. Mit dem Wort Krämerlatein wurden also die Sondersprachen der fliegenden Händler bezeichnet.
Ein Beispiel für das Krämerlatein war der Henese Fleck (schöne Sprache). Die Geheimsprache wurde von den Kiepenträgern aus der niederrheinischen Gemeinde Breyell benutzt. Zahlreiche Begriffe der Sprache stammen aus dem Rotwelschen und dem Limburgischen. Durch ihre Geheimsprache konnten sie Informationen etwa über Preise unter sich behalten.
Mit der Erhöhung des Wohlstands in Deutschland und mit der Ausbreitung der Massenmedien wie Radio und Fernsehen seit den 1950er Jahren hat die Verbreitung der Geheimsprachen stark abgenommen. Das Hochdeutsche hat sich weitgehend durchgesetzt. Andererseits gibt es heute eine Geheimsprache bei den Jugendlichen und durch die Migration nach Deutschland werden zahlreiche ausländische Sprachen wie Türkisch, Arabisch, Ukrainisch, Russisch, Polnisch, Albanisch und Farsi und weitere gesprochen, die für die Einheimischen auch Geheimsprachen sind. Als Geheimsprachen im weitesten Sinn muss man wahrscheinlich auch die deutschen Dialekte Berlinerisch, Kölsch, Plattdeutsch, Missingsch, Bayrisch etc. einstufen.
Und dazu kommen noch die vielen Touristen, zumindest in Berlin, die Englisch, Französisch, Italienisch, Spanisch, Portugiesisch, Niederländisch, Skandinavisch und weitere Sprachen sprechen. Es gibt so viele Sprachen und Dialekte, man kann sie gar nicht alle aufzählen. Insofern haben wir heute ein wahres Dorado für Sprachforscher.
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2025/03/10
Wolfgang Weber
Krämer
Krämer sagt heute keiner, ein Begriff aus alten Zeiten
vielen nicht mehr bekannt bei weitem
Latein auch aus alten Zeiten.
ich hatte drei Sprachen in der Schule:
Englisch, Französisch, Latein, dazu natürlich Deutsch,
Plattdeutsch sowie Missingsch (das ist halb Hochdeutsch, halb Platt, in und um Hamburg)
beides nicht in der Schule
viel später Berlin(er)isch, fragt nicht wo
viele Sprachen
Krämer mancherorts
Geschäftemacher
organisiert in Gassen für
Schneider
Schuster
Bäcker
Juweliere
Barbiere
Salbader
Quacksalber
Maler
Antreiber
Bouquinisten
Musiker
finde die Fehler
behalte sie
sprachen all diese Gewerke Latein
damals im Mittelalter
ich weiß es nicht
war nicht dabei
wenn dann war es wohl
Küchenlatein
also nicht das Original
sondern eine mehr oder weniger stark veränderte Fassung davon
vergleichbar mit Sonderformen des Englischen
irgendwo im Commonwealth
wie etwa Pidgin English
von pigeon = Taube
Schreibung geprüft
bei mir um die Ecke ist
eine Schule mit Kunstprofil
die Karl Krämer Grundschule
mach Deinen Kram
do your own thing
früher zahlte man in
Taler
Mark
was auch immer
jedenfalls
in Münzen und Scheinen
davor mit Muscheln und Steinen
manche greifen inzwischen
zur Kryptowährung
aber nicht für'n Appel und 'n Ei
wie seriös solche Herrschaften sind
ich will's lieber nicht wissen
ob sich Kakteen küssen
oder hinter dem Rücken
der Andren dissen
also einander vermissen
sondern sich bewerfen
mit Erd-, Hasel- und Walnüssen
wer kann oder will das wissen
in Illertissen
oder Müssen
dort an den Flüssen
keine Tränen darüber vergossen
auch nicht in Zossen
Fische mit großen Flossen
nein
nicht in Zossen
niemals nicht
sie bewerfen sich immer noch mit Nüssen
eine vegetarische
womöglich vegane Form
von shit storm
das ist ganz enorm
wer macht denn so was
schmeißt denn da mit Lehm
Einhorn
Zweihorn
am Matterhorn
nicht so weit
von Langenhorn
Nordhorn
Hamburg Horn
Horner Rampe
Mampe halb und halb
goss sich früher manch einer
manch eine hinter die Lampe
hieß das so
sagt es mir
oder
Wampe
kann man sagen
das versteht kaum einer
Rudis Resterampe
gibt's wohl nicht mehr
sagt mir wo
Lampe ohne Leuchtmittel
oder Artikel ohne die
notwendige(n) Batterie(n)
finde ich seltsam
ich meine
solche Artikel sollten
eigentlich komplett verkauft werden
mit allem was dazu benötigt wird
was ich mal auslasse
sind Begriffe wie
Anglerlatein
Seemannslatein
Seglerlatein
ich habe heute schon genug übertrieben
vielleicht wissen
Andre dazu was zu sagen.
© Wolfgang Weber, März 2025.
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2025/03/06
Sandra Wiedemann
Der Tornado
So unsäglich viele Gedanken
und keiner davon hält lange an.
Will mich für das Gute bedanken,
doch komme erst gar nicht gedanklich dort an.
Was hat sie gemeint, als sie das sagte?
Wann war noch gleich der Termin?
Weißt du noch damals, als dich dieser Verlust plagte?
Hat man mir den Fehler vorhin wirklich verziehen?
Ein Tornado, der jeden Gedanken frisst
und dann mit anderen durch die Lüfte wirbelt.
Auch wenn das absolut belastend ist,
weil sich Gedanke mit Gedanke verzwirbelt.
Und irgendwann spuckt er alles als Knäuel wieder aus
und du sortierst verzweifelt die falschen Enden aus,
in der Hoffnung, du ziehst zum Schluss den wichtigen Gedanken wieder heraus.
Wenn es gut läuft einmal die Woche,
manchmal mehrmals am Tag.
Egal ob ich entspanne, arbeite oder koche.
Der Tornado zieht auf, wann er es mag.
Ich kann mich nicht dagegen wehren.
Oft merke ich dessen Entstehen kaum.
Versuche sofort meinen Geist zu fokussieren und zu leeren,
doch er duldet keinen leeren Raum.
Alles muss einen Zweck haben,
alles muss funktionieren,
der Tornado will sich an den Zweifeln laben
und lässt sie dann wild kursieren.
Ich hinterfrage dich. Ich hinterfrage Emotionen.
Doch vor allem hinterfrage ich mich und die Gefühle, die in mir wohnen.
Genüge ich? Was kann ich besser machen?
Mag man mich? Weshalb mögen sie wirklich lachen?
Ich kann keinen klaren Gedanken fassen
und komme nirgends voran.
Die guten Dinge scheinen zu verblassen
und die schlechten stehen vorne an.
Jedes Thema findet seinen Platz,
egal wie klein, egal ob Trauer oder Liebe.
Doch leider beende ich nicht einen Satz,
weil ich dann den nächsten dazwischen schiebe.
So ist jeder Gedanke unbeendet
und jeder Zweifel bleibt ungelöst.
Die Zeitinvestition verschwendet,
was wiederum auf Zweifel stößt.
Dieser Kreislauf will einfach nicht enden
und raubt unerträglich viel Kraft.
Kann zwar die anderen doch nie mich selbst blenden.
Sacke zusammen, geknickt und geschafft.
Mich überfordern dann die kleinsten Dinge.
Denn die Energie ist im Tornado draufgegangen.
Weil ich nur von Zweifel zu Zweifel springe,
bin ich in meiner Unsicherheit gefangen.
Es heißt, nach der Ruhe kommt der Sturm.
Hier ist es genau andersherum.
Man baut aus Zweifeln einen Turm.
Ist er zu doll beladen, kippt er um.
Nach der Überforderung wird es plötzlich still.
Geist und Herz, einfach alles leer.
Völlig egal, wer was von mir will.
Denn ich denke gerade an gar nichts mehr.
Erst damit tritt langsam Entspannung ein
und ganz allmählich fangen im Nährboden aus den alten Zweifeln neue Gedanken an zu keimen.
Es entspringen neue Ideen
und wachsen zu Plänen heran.
Ich freue mich wieder, nach vorn zu sehen.
So fühlt sich für mich "Glücklich sein" an.
Jetzt sind die Fragen noch überschaubar
und es ist genügend Freiraum zur Entfaltung da,
mein Geist aufgeräumt und sauber.
Habe Visionen, die ich vorher nicht sah.
Aber es werden weiter neue Fragen entstehen,
bis der Platz abermals nicht reicht.
Man kann es jetzt schon kommen sehen.
Der Tornado hat's dann wieder leicht.
Wie Unkraut sprießen die neuen Gedanken
und ich kann sie einfach nicht stoppen.
Sie werden sich wieder ineinander ranken
und sich um ihre Prio kloppen.
Dann beginnt sich der Wust zu drehen
und so der nächste Tornado zu entstehen.
Er fegt dann erneut über alles hinweg.
Und damit beginnt es wieder von vorn.
Aber immerhin beseitigt er Altes und Dreck,
sorgt für frischen Wind und verteilt die Spor'n.
© Sandra Wiedemann, März 2025.
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2025/03/02
Ein Besuch im Pergamon-360°-Panorama von Yadegar Asisi
von Dr. Christian G. Pätzold
Ausschnitt aus dem großen Pergamon-360°-Panorama von Yadegar Asisi.
Foto von Dr. Christian G. Pätzold, Januar 2025.
Das Pergamon-Museum in Berlin Mitte auf der Museumsinsel mit dem weltberühmten Pergamonaltar ist schon seit längerem geschlossen. Es wird auch noch einige Jahre geschlossen bleiben wegen der umfangreichen Sanierungsarbeiten an dem großen Gebäude, die sich hinziehen. Einige sprechen vom Jahr 2045 für die Wiedereröffnung des Pergamon Museums. Aber das ist eine Phantasiezahl, da niemand weiß, ob genügend Geld für die Sanierung zur Verfügung gestellt wird. Der Pergamonaltar ist zwar Weltkulturerbe, aber er wird der Welt wohl sehr lange vorenthalten werden, da das Geld für Anderes ausgegeben wird.
Als eine Art Ersatz für das geschlossene Pergamonmuseum wurde für die Besucher:innen vor ein paar Jahren gegenüber vom Museum am Kupfergraben 2 das Pergamon-360°-Panorama von Yadegar Asisi eröffnet, eine halb kommerzielle, halb wissenschaftliche Veranstaltung. In einem Rundbau, der Rotunde, ist das große Panorama-Bild mit den Maßen von etwa 100 Metern Breite und 23 Metern Höhe angebracht. Das Bild ist aus 34 bedruckten Bahnen zusammengesetzt. Ein so riesiges Monumentalbild von 100 Metern x 23 Metern bekommt man normalerweise nie zu sehen, und daher denkt man kaum, dass man vor einem Bild steht, sondern hat fast das Gefühl, man wäre in einer tatsächlichen Landschaft.
Yadegar Asisi ist ein deutscher Architekt und Künstler aus einer iranischen Familie, der 1955 geboren wurde. Seit 2003 kreierte er die größten Panoramen der Welt. In Berlin gibt es ein weiteres Panorama von ihm, das Panoramabild "Die Mauer", das seit 2012 in einer Rotunde am Checkpoint Charlie gezeigt wird. Dargestellt ist die Berliner Mauer an einem Novembertag in den 1980er Jahren in Berlin Kreuzberg. Gegenwärtig hat Yadegar Asisi auch Panoramen in weiteren Städten aufgebaut, so in Dresden, Leipzig, Wittenberg und Pforzheim, die man als kommerzielle-wissenschaftliche-historische-künstlerische Mischungen ansehen kann.
Große Panoramen waren bereits im 19. Jahrhundert eine publikumswirksame Attraktion, denn man konnte sich an einem anderen Ort fühlen, ohne die Mühen der Reise auf sich zu nehmen. Als ihr Erfinder gilt der irische Maler Robert Barker, der 1806 starb. Die Panoramen waren damals noch ganz traditionell von Malern mit dem Pinsel gemalt. So war es auch bei dem großen Bauernkriegspanorama in Frankenhausen in der DDR. Es wurde in den Jahren 1976 bis 1987 von dem Maler Werner Tübke (1929-2004) und Kollegen auf Leinwand gemalt. Es war eine riesige Arbeit, jede Figur und jede Szene wurde von Hand gemalt. Das Bauernkriegspanorama in Frankenhausen hat mit 123 Metern Länge und 14 Metern Höhe ähnliche Ausmaße wie das Pergamon-Panorama.
Das Pergamon-Panorama ist dagegen hauptsächlich mit digitaler Fototechnik hergestellt worden. In Fotoshootings mit Schauspielern und Statisten in antiken griechischen Kostümen wurden die Szenen des Panoramas aufgenommen. Die digital bearbeiteten Bilder wurden dann in das Landschafts- und Architekturpanorama eingefügt und auf Kunststoffbahnen gedruckt. Da es sich um echte Menschen handelt, die dargestellt werden, ist die Wirkung besonders realistisch.
Das Panoramabild in der Rotunde soll die Situation in Pergamon am 8. April des Jahres 129 uZ zeigen, als der römische Kaiser Hadrian (76-138) die Stadt besuchte, anlässlich des ersten Tages des Festes der Dionysien, das 4 Tage dauerte. In der Architektur der Stadt Pergamon ist daher viel los, viele Menschen sind zu sehen, die an dem Fest teilnehmen. Dionysos war der antike griechische Gott des Weins, der Vergnügungen, des Rauschs und der Ekstase und des Theaters. Entsprechend waren die Dionysien eine Art antiker Straßenkarneval. Der Pergamonaltar selbst war Zeus gewidmet, man sieht Tieropfer im Panorama.
Die Stadt Pergamon, das heutige Bergama (mit etwa 70.000 Einwohnern), liegt nahe der Westküste Kleinasiens in der heutigen Türkei, etwa 80 Kilometer nördlich von Smyrna, dem heutigen Izmir. Pergamon gehörte damals zum Imperium Romanum und war eine bedeutende griechische Stadt. Nach Pergamon ist übrigens das Pergament benannt, das sind Tierhäute, die früher als Schreibunterlage dienten, bevor sie vom Papier abgelöst wurden.
Mich hat besonders der 3D-Effekt des Panoramabildes interessiert. Die Besucher:innen des Panoramas befinden sich in der Mitte der Rotunde auf der Plattform eines hohen Gerüstes und haben einen Blick quasi aus der Vogelperspektive in alle Himmelsrichtungen. Es ist erstaunlich, dass ein Eindruck der Weite der mediterranen Landschaft und des Lebens in der Stadt anlässlich des Festes entsteht.
Die Maße von 100 Metern Kreisumfang x 23 Metern Höhe für das Panorama scheinen sehr sinnvoll zu sein. Erstens sind 100 Meter eine schöne runde Zahl und sie erlauben auch einen 3D-Effekt. Daraus ergibt sich ein Radius von 16 Metern, das heißt die Besucher:innen sind etwa 15 Meter vom Bild entfernt und haben so einen Panorama-Eindruck. Die Höhe von 23 Metern entspricht der Berliner Traufhöhe, über 99 Prozent der Gebäude in Berlin haben diese Maximalhöhe oder tiefer. Dadurch ergeben sich keine Probleme mit den städtischen Genehmigungsbehörden und außerdem sind die Berliner Besucher an diese Höhe in ihrem Blick gewöhnt. Zusätzlich spielen die Lichteffekte und die Soundeffekte im Panorama auch große Rollen.
Die zusätzliche informative Ausstellung in der Vorhalle zum Panoramabild ist auch sehr sehenswert. Dort trifft man unter anderem auf originale antike Marmorstatuen aus Pergamon. Außerdem gibt es noch einen kleinen Museumsshop mit Büchern und Souvenirs und eine Cafeteria. In der Zukunft soll an Stelle des Pergamon-Panoramas ein Panorama des antiken Babylon gezeigt werden.
Foto von Dr. Christian G. Pätzold, Januar 2025.
Am Kupfergraben 2, Berlin Mitte.
Foto von Dr. Christian G. Pätzold, Januar 2025.
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2025/02/28
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2025/02/25
Ingo Cesaro
HAND AUFS HERZ
schiebt das Leinentuch zur Seite
weint und kämpft mit den Tränen
versucht seinem toten Sohn
Kekse in die kleine Hand zu legen
was nicht gelingt
legt sie schließlich daneben
die mochte er gerne
flüstert der Mann im Abschiedsschmerz
und deckt den toten Sohn wieder zu
uns stehen Tränen in den Augen
trauern mit dem Vater
drücken die Tränen nicht weg
und Hand aufs Herz
trauern wir auch noch
wenn wir erfahren
es ist ein palästinensischer Junge
und alles passierte
im heftig umkämpften Gaza-Streifen.
© Ingo Cesaro, Februar 2025.
www.ingo-cesaro.de
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2025/02/21
Dagmar Sinn
Februar
Februar, neues Jahr
hält er, was er verspricht?
Längere Tage, Weg zum Frühling,
mit ihm Sonne, Licht?
Februar, wie er mal war
Kälte, Schnee und Wind
Schlittenfahrt als Kind,
Schlittschuhtreffpunkt war der Teich,
hartes Eis, nie fiel man weich
Februar in diesem Jahr
gibt uns Rätsel auf.
Klimawandel spürt man nah,
wie wird sein Verlauf?
Schneeglöckchen und Krokus blühn,
klein und scheu im Garten stehn.
Ganz genau wie letztes Jahr,
jetzt ist wieder Februar.
Der erste Schnee
Heut morgen bin ich aufgewacht
und schau in eine weiße Pracht.
Der erste Schnee in diesem Jahr!
Wie friedlich liegt die Welt jetzt da
Pudrig weiß, so deckt der Schnee
alles zu wohin ich seh.
Weckt in mir den Kindheitstraum:
Schlitten raus und Schneemann baun!
© Dagmar Sinn, Februar 2025.
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2025/02/17
Renate Straetling
Winter Haiku und Tanka
Wattiertes Draußen
erbaulich still ist es -
der neue Wintertag
Geäst krallt durchs Eis
See verschmilzt mit Nebelband
Agonie in Grau
Pfeilgrad fliegend
zwei Linien Morgenrot
wolkenfreies Blau
Klänge wie im Off
Der Neuschnee lockt ins Freie
Mein Herz frisch und klar
Wege liniengenau
Äcker, Wiesen, Berge starr
Eisschollen kämpfen
Gleißen und Funkeln
Eiswind rauscht unerbittlich
Jeder Baum feiert
Morgenschnee, harschig
auf den Tischen beim Imbiss
Smileys vom Schulweg
Keine Krippen mehr,
Engel und Christkind perdü -
nur Zweige blinken
Zwischen den Jahren
sorgenfreies Vakuum,
Träume nachfüllen
An Silvester, parterre
Duft frischer Frühlingssuppe
ein letztes Sparmenü
Leises Getrappel
noch krawummen Raketen
Getuschel im Hausflur
Dutzende Füße gehen -
vier kommen feierlich heim
Neujahrscrescendo
verebbt in Donnerschlägen
einzelne Pengs noch -
... ein erstes Aufhorchen
in exzentrischer Ruhe
Februarwärme
und Eisblumen am KuDamm
dicke Sonnenbrillen
Kurze Tage noch
kräftiger das Licht wieder,
Ansporn bis Valentinstag
© Renate Straetling, Februar 2025.
Buchempfehlung:
Der Link zum Sammelband III von Renate Straetling von Oktober 2024 ist:
https://www.epubli.com/shop/sammelband-iii-meine-haiku-2013-2024-9783759898234
Dort gibt es auch ein paar Vorschauseiten, z.B. das Inhaltsverzeichnis.
"Ein weiterer Haiku-Sammelband, der dritte! Es handelt sich um die erweiterte Ausgabe vom Januar 2022. Im vorliegenden Band sind meine gesammelten fast 400 Haiku, Tanka, Honka dori und Haibun zu verschiedenen Themen gesammelt und gruppiert, zudem mit 23 SW-Abbildungen illustriert. Das Haiku als besonderes kurzlyrisches Gedicht mit seinen 5-7-5 Silben in drei Versen und seinem Naturbezug im Konkreten und Authentischen bietet, der japanischen Tradition entlehnt, die kommunikative Gelegenheit, Momente zu formulieren, die in bis zu 17 Silben und in einem Atemzug darstellbar sind. Ich stelle in diesem Sammelband vor allem meine "In der City"-Haiku, sozusagen gewachsen auf Beton und gesehen durch eine lebenserfahrene Brille, vor; ebenso Haiku zur Coronazeit und neun Haibun (Reiseerlebnisse mit Haiku) vor, die damit meine zwölf bisherigen Haiku-Bändchen großenteils zusammenfassen. Die Länge eines Atemzugs für einen verbindenden Gedanken, für einen authentischen Moment!"
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2025/02/14
www.kuhlewampe.net gibt es seit 10 Jahren !
10 Jahre künstlerische Sinntelligenz
Vielen Dank an die vielen Mitwirkenden in all den Jahren !
Na klar machen wir weiter, trotz alledem
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2025/02/10
Reinhild Paarmann
Laienschauspieler in Berlin
Eine Laienschauspielgruppe aus Bielefeld hat eine Woche Fortbildung in Berlin gebucht. Am ersten Abend will sie zum Berliner Ensemble und die "Drei Groschenoper" von Brecht sehen. Anja hat eine sehr schöne Stimme, sie traut sich zu, die Polly zu singen, wenn sie das Stück bei sich zu Hause aufführen würden.
Sie kommen an. An der Tür hängt ein Schild: "Wir spielen erst wieder, wenn wir durch das Verlosen von Schlafplätzen auf unserer Bühne genügend Geld zusammen haben. Der Berliner Kultursenator hat uns viel Geld gestrichen!"
Die Laienschauspieler*innen sind enttäuscht. Ihre Leiterin meint: "Macht nichts, es gibt so viele Theater in Berlin. Versuchen wir es morgen woanders!"
Am zweiten Tag fahren sie zur Volksbühne, "ja nichts ist ok" steht auf dem Programm. An der Tür ein Zettel: "Zwei Millionen Budgetkürzung für 2025 für uns, so können wir nicht mehr spielen!"
Die Laienschauspieler sind frustriert. Was nun? Die Theaterleiterin schlägt vor, am nächsten Tag zur Tanz-Compagnie Sasha Waltz zu fahren. "Twenty to eight" wollen sie sich ansehen.
An der Eingangstür hängen vier Sätze: "Sie wollen ein Tanztheater sehen?
Bei den Kürzungen von 200.000 € geht das nicht.
Melden Sie sich zu einem Workshop bei uns an. Wir tanzen erst wieder auf der Bühne, wenn wir genügend Geld zusammen haben."
"Berlin Kulturhauptstadt?" mault Anja, "dass ich nicht lache!"
"Morgen versuchen wir es bei der Schaubühne!", die Leiterin der Gruppe lässt sich nicht so schnell entmutigen. Tatsächlich finden sie eine offene Tür. Auf der Bühne radeln zwei Schauspieler auf einem Stand-Rad. "Wir produzieren so unseren eigenen Strom", steht auf einem Pappkarton. "15 % der Subventionen wurden uns gestrichen. Wir können den Strom nicht mehr bezahlen." Die Schauspieler spielen das Stück: "Glaube, Geld, Krieg und Liebe". Wer glaubt an das Geld, das die Theater nicht mehr so bekommen, der Krieg in der Ukraine muss bezahlt werden, die Liebe zum Theater steht zurück. Es geht im Stück um den Ukraine-Krieg und die Leihmütter. Leihen wir uns doch Geld, aber die Schuldenbremse erlaubt das nicht. Die Aufführung ist einfach großartig. Aber fünf Stunden? Anja ruckelt unruhig auf ihrem Po. Zum Glück gibt es eine Pause.
"Morgen fahren wir zum Hau-Theater!", verkündet die Theaterleiterin. Sie spielen "Wem gehört die Welt". Ja, wem gehört sie? Auf der Bühne stehen Tai Chi Meister, die sich nach ihren Übungen an den Händen fassen, der letzte hält eine Glühbirne, die nun aufleuchtet durch die Tai Chi Energie.
"Buchen Sie bei uns einen Tai Chi-Kurs, um selbst Strom herstellen zu können. Wir haben nur noch zwei Stellen à 16 Stunden bewilligt bekommen. Wir können erst wieder spielen, wenn wir genügend Geld zusammen haben!"
"Wir wollen Theater sehen!", skandieren die Laienschauspieler*innen im Bus.
"Morgen besuchen wir das Gefängnistheater!", sagt die Leiterin der Gruppe.
"Die spielen "1984" von Orwell."
Als sie dort ankommen, ertönt eine Stimme aus einem Lautsprecher: "Hier spricht der Wohltäter. Theater wird ab heute gestrichen. Wir geben kein Geld aus für solchen Firlefanz!"
Die Berlin-Besucher haben die Nase voll. "Wir wollen nach Hause!", rufen sie. "Bei uns ist ja mehr los als in Berlin!" Ja: "Berlin ohne Kultur ist nur Bielefeld mit big buildings." (Barrie Kosky, Ex-Intendant der Komischen Oper)
© Reinhild Paarmann, Februar 2025.
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2025/02/06
Zum 70. Geburtstag von Jeff Koons
geboren in York/Pennsylvania/USA am 21. Januar 1955
Eine 12 Meter hohe Hand hält 11 Tulpen.
Erinnerung an die Anschlagsopfer von 2015 in Paris, Charlie Hebdo Januar 2015,
und Bataclan-Theater November 2015.
Bronze, Stahl, Aluminium.
Foto von 2019. Urheber: Bybbisch94. Quelle: Wikimedia Commons.
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2025/02/02
Wolfgang Weber
Schrei nach Lyrik
changieren
chargieren
anti-chambrieren
never change a winning team
knatter
chargen
knister
chargen
chiffon changiert
knisternd zwischen
zartbitter & bittersüß
chambre de commerce
chambre de chiffon
schrei nach liebe
edvard munch
der schrei
in verschiedenen variationen
archie shepp
the cry of my people
der schrei nach
après
after
je nachdem
liebe
dance me to the end of love
dance me to the end of the chiffons round your shoulder
tanzen bis sich der chiffon auflöst
bitter & süß
tanzen wir
bis die chiffoniere
der kleiderschrank
leer ist
liebe wie
symbole
allegorien
sinnbilder
icons
schrei nach lyrik
gedicht
aphorismus
metrik
strophe
vers
sonett
so nett
schrei nach lyrik
L
lysistrata
liebesentzug gegen krieg
Y
yggdrasil
weltesche
steht für gesamten kosmos
R
rühmkorf peter
wer lyrik schreibt ist verrückt
I
Innen nach außen nach innen
K
kladde
kommentar
konkret
chiffon
durchsichtig
stoff
gedreht
gewendet
aus seide
kunst natur kunst
changierend
wie ein tuch
aus chiffon 50 x 50 cm
chiffon
tanz der sieben schleier
salomé
chiffon
in der luft
chiffon
am boden
chiffon
leicht
romantisch
verführerisch
sanft
dünn
transparent
elegant
love is in the air
chiffon
edel
luxuriös
kleider
blusen
dessous
schals
alles aus chiffon
chiffon
chiffre für
geheimnis
romanze
femininité
herausforderung
chiffon
bouillon
bitter & süß
süß & sauer
heiß & kalt
scharf & mild
heiß & kalt
bouillon
bouillon für napoléon
napoléon bonaparte
bouillon de la corse
bouillon for a horse
of course
changieren zwischen
unentschieden
unentschlossen
irgendwo dazwischen
wischi waschi
nolens volens
halb sank er
halb fiel sie
in ohnmacht
bitter
zartbitter
beigeschmack minze
after seven plus one
after eight
bin so wild
nach deinem erdbeermund
klaus kinski sprach auch
francois villon
changierend
zwischen
süß bitter zart
pralinés & schokoladen
gewickelt in chiffon
dazu ein chanson
von der leidenschaft
die leiden schafft
pralinés in chiffon
geworfen in die luft
aufgefangen zwischen momenten
des ein & ausatmens
& nicht atmens & atem anhaltens
chiffon
so betörend erotisch
faszinierend animalisch
zwischen
bitter süß zart
© Wolfgang Weber, Februar 2025.
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2025/01/31
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2025/01/30
Wolfgang Endler
Aus der Rubrik Bericht zur Schräg_Lage der Nazi_on
Ja_nu_ar_isch
Die Kerzen verraucht,
der Süßkram erbrochen.
Dezember verbraucht,
Vorsätze gebrochen.
Kurzschluss in Ampel,
ausgelutschte Träume.
In den Staaten GeTRUMPel,
Waldbrand frisst Mammutbäume.
Rente für Merkel-Mutti.
Voll im Trend Alice & Sahra.
Remigriern? Alles tutti!
Freie Fahrt für Geisterfahrer!***
Lob für Brunnenvergifter:
lokal, national und global.
Drohnen auf Friedensstifter,
Menschenrecht voll egal.
***selbstverständlich m, w, div /
unabhängig von sexueller Orientierung!
© Dr. Wolfgang Endler, Januar 2025.
Wolfgang Endler
Kontra(st)programm-Kommentar
Null Bock auf weltweite Klimakiller,
Aktien statt Klimaverträge schreddern.
Selbstbestimmt Menschenpflicht erfüllen,
Peace Songs statt Nazi-Hymnen schmettern.
voll solidarisch statt doofdeutscharisch.
© Dr. Wolfgang Endler, Januar 2025.
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2025/01/26
Manuel Wanser
Cathis Tagebuch
Montag
11.00 Uhr
Heute Casting. Freu mich drauf, voll! Alle wissen ich bin gut. Mein Sprungbrett!
12.30 Uhr
Die sagten, ich sollte mir nochmal überlegen am Gesang festzuhalten. Keine Ahnung haben die!
Sitzen da und wissen alles besser, oder was? Idioten!
14.00 Uhr
Vor Frust ne Runde geschlafen. Bin ich zu weit? Nicht mehr formbar? Wieso nehmen die mich nicht? Ihr Pech.
14.20 Uhr
Muss mehr Promo machen. Noch zu wenig Hörer auf Spotify.
16.00 Uhr
Lars sagt, dass er neue Fotos für Insta mit mir macht. Am Wochenende. Zweihundert die Stunde.
Ich ruf Papa an. Er ist mein größter Förderer.
18.00 Uhr
Treff mich gleich mit Mareike. Sektempfang, Vernissage. Berlin ist einfach so geil. Nie wieder Provinz!!
23.20 Uhr
Hab jemanden kennengelernt. Macht auch Musik und hat ein Studio in Marzahn. Sven. Der Name ist nicht so schön, er aber schon, irgendwie. Er sucht einen weiblichen Gesangspart. Ich soll morgen mal vorbeikommen.
Dienstag
10.30 Uhr
Elf monatliche Hörer. Spotify ist nicht die richtige Plattform. Ich brauche Leute, die Musik auch richtig fühlen können.
12.00 Uhr
Treffe mich zum Brunch mit Anna. Berlin ist so nice!
13.30 Uhr
Anna macht am Mittwoch eine Performance in der Amerika Gedenk. Demokratie stärken ist das Thema. Leute vom Fernsehen kommen auch. Hätte ich das früher gewusst, hätte ich da bestimmt auch singen können.
17.00 Uhr
Me Time gehabt. Felix Neumanns Buch "Fühle dich - Dann fühlt dich die Welt" ist mein persönlicher Erweckungsmoment 2024. Werde auf jeden Fall auch die Online Seminare machen.
19.00 Uhr
Papa ist so lieb, er unterstützt die Idee mit den Seminaren total. Er bezahlt das für mich. Ich hab ihm gesagt, dass ich mich voll fokussieren muss. Da kann ich jetzt nicht auch noch nen Job annehmen.
21.00 Uhr
Hab mit dem süßen Typ von der Vernissage geschrieben. Er veröffentlicht über Soundcloud. Da sind definitiv auch Leute die Musik zu schätzen wissen. Er macht Rap und sucht einen Gesangspart. Das passt doch perfekt! Ich mag Hip Hop auch, total!
22.10 Uhr
Gott, ich brüte schon wieder was aus. Der Stress tut mir nicht gut! Mein Hals fühlt sich komisch an. Trinke seit einer Stunde Matcha Tee. Wenn das so bleibt, kann ich morgen nicht zu Anna.
Mittwoch
10.00 Uhr
Papa hat überwiesen. Er ist einfach so lieb! Ich glaub ich feier Weihnachten in München. Hab aber gar keinen Bock auf Melanie und ihre Kinder. Sie ist soooo feindselig mir gegenüber! Ich kann doch nichts dafür, wenn sie ihre Träume für ein Spießerleben wegwirft. Ich glaube sie wäre gerne so frei wie ich. Sie ist definitiv neidisch!
12.00 Uhr
Anna war etwas enttäuscht über meine Absage, was ist los mit ihr?? Meine Stimme ist mein Kapital. Sie sollte echt mal reflektierter sein.
13.00 Uhr
Hab mir Sushi Frühstück gegönnt, habs auch gepostet. Viele Likes. Muss echt mehr Insta machen.
14.30 Uhr
Heute kommt der Ablesedienst, hab keine Zeit dafür. Können die das nicht digital machen??
Richtig rückständig. Das nervt!
16.10 Uhr
Sven hat angerufen. Ich hab ihm aber erstmal abgesagt fürs Wochenende. Meine Stimme ist noch nicht bei hundert Prozent. Holen wir aber nach. Ich hab ein gutes Gefühl dabei. Rap ist auch definitiv angesagt!
18.00 Uhr
Der Typ vom Rewe Bestelldienst war mega unfreundlich. Motzt rum, weil es keinen Fahrstuhl gibt. Ist doch eure Arbeit Leute!!
18.10 Uhr
Hab einen Termin bei Dr. Wimmer gemacht. Kann gleich morgen kommen. Mein Hals fühlt sich nicht gut an.
19.00 Uhr
Melanie hat mir geschrieben. Sie findet es nicht OK von mir, Papa finanziell auszunutzen. Was soll der Scheiß! Sie denkt immer noch, sie sei was besseres. Will mich zum schwarzen Schaf der Familie machen. Sie weiß gar nicht, wie sich das für mich anfühlt. Talentfreie Kuh!
20.15 Uhr
Bettina hat mich auf einen Wein eingeladen. Beste Nachbarin überhaupt! Ihr Mann bleibt doch bei der neuen. So ein Arschloch!
Donnerstag
09.50 Uhr
Ich weiß nicht! Gestern hab ich diese Doku über Basquiat bei Netflix gesehen. Das soll Kunst sein?? Kann ich auch!
10.50 Uhr
Papa hat mich gefragt, ob er mich besuchen kann am Wochenende. Was soll diese Überwachung?? Das ist bestimmt auf Melanies Mist gewachsen. Hab ihm gesagt, dass es mir gesundheitlich gerade nicht passt. Ist ja nicht mal gelogen.
11.25 Uhr
Dr. Wimmer meint, ich soll meine Stimme erstmal schonen. Er hat eine leichte Rötung gesehen und kann nicht ausschließen, dass es schlimmer wird. Na toll. Wieder gebremst!
12.30 Uhr
War auf dem Wochenmarkt. Die haben so gute Sachen da! Echtes Bio, nicht das gefakte! Hab mir Gedanken wegen meiner Stimme gemacht. Deshalb heute nur Ingwer Tee und Netflix.
18.00 Uhr
Hab kurz mit Sven geschrieben. Er hat den Gesangspart jetzt mit einer anderen gemacht. Das wird sowieso nichts. Marzahn klingt eh strange. Hatte von Anfang an kein gutes Gefühl dabei.
19.30 Uhr
Anna hat mir geschrieben und meinte, dass die Fernsehleute sie am Mittwoch gefragt haben, ob sie einen Clip für Arte zusammen machen wollen. Arte ist schon gut, aber ein Clip ist ja auch echt kurz.
20.00 Uhr
Bin richtig müde vom Lavendel-Minze Bad. Hab Essen bestellt. Thai. Geht auf jeden Fall nicht für Insta. Viel zu lieblos arrangiert. Schmeckt noch okay. Morgen ist Freitag. Ich hab noch keine Pläne gemacht. Bin psychisch auch grad nicht so social.
Freitag
10.11 Uhr
Hab heute echt Bock auf feiern! Hab Jette angeschrieben. Hab gesehen, dass sie in Berlin ist. Irgendeine Tierschutz Konferenz. Mit ihr hatte ich definitiv die coolsten Party Nächte!
11.24 Uhr
Jette ist leider mit ihrem Freund in Berlin. Sie hätten Lust was zu machen. Hab abgesagt, der Typ nervt einfach. Hat mich mal angeschrieben. Habs Jette nie erzählt. Kein Bock auf schlechte Vibes.
13.01 Uhr
War spazieren. PrenzlBerg hat ja soo schöne kleine Läden! Hab mir ne neue Kette gekauft. Gold steht mir. Mein Post hat 833 Likes. Kette überm Dekolleté. Onlyfans hatte ich auch schon mal auf dem Schirm.
13.23 Uhr
Papa ist da. Er hat mich überrascht. Er schläft im Radisson, damit er mich nicht belastet wegen meiner Halsentzündung. Er ist so lieb. Wir gehen mittags ins Borchardts.
15.06 Uhr
Papa sagt, dass Melanie meint, ich bin verwöhnt. Ich hab ihm erklärt, dass sie einfach keine Vision hat! Er meint, ich müsste mir langsam etwas mehr Gedanken machen, weil ich auch bald Dreißig werde. Ich musste ihm schon wieder erklären, dass es ja nicht an mir liegt.
16.28 Uhr
Papa hat mich zum Shoppen auf den Kudamm entführt. Die Taxifahrt war leider richtig lang und die Klimaanlage hat meinem Hals den Rest gegeben. Ich hab aber auf die Zähne gebissen und wir waren 2 Stunden nur Klamotten kaufen.
18.33 Uhr
Ich hab Papa gesagt, dass ich jetzt etwas Zeit für mich brauche. Ich sehe ihn morgen wieder.
19.27 Uhr
Meine Outfit Posts kommen richtig gut an. Besonders die knappen Teile haben richtig viele Likes. Ich weiß auch einfach, wie man posiert. Melanie hat kommentiert, dass ich billig aussehe. Hab sie geblockt. Hat die viel Hate in sich!
20.45 Uhr
Lasse hat mir ne DM geschickt. Er wohnt jetzt auch in Berlin. Wir gehen später ins Soho House. Record Release Party von irgendsonem DJ. Es sind viel Leute aus der Musik Branche da. Yeah!
© Manuel Wanser, Januar 2025.
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2025/01/22
Den Gordischen Knoten lösen
von Dr. Christian G. Pätzold
In der Geschichte der Menschen gab es einige spannende Rätsel, die gelöst werden sollten. Einige von ihnen konnten gelöst werden, andere nicht. Bekannt sind bspw. die mathematischen Rätsel, über die sich schon Generationen von Mathematikern vergeblich die Köpfe zerbrochen haben. Oder die Entzifferung der altägyptischen Hieroglyphen, die schließlich mit Hilfe des dreisprachigen Steins von Rosetta gelang. Oder die Entschlüsselung des menschlichen Genoms, an der intensiv gearbeitet wird. Oder das Ei des Kolumbus. Und: Warum ist die Banane krumm?
Ein bekanntes Rätsel, das schon über 2.000 Jahre alt ist, ist die Lösung des Gordischen Knotens. Die Geschichte des Gordischen Knotens ist aus der Antike bei Plutarch und bei Quintus Curtius Rufus überliefert. Danach bestand der Gordische Knoten aus kunstvoll verknoteten Seilen am Streitwagen des phrygischen Königs Gordios, die die Deichsel des Wagens mit dem Zugjoch verbanden. Der Gordische Knoten soll aus dem Bast der Kornelkirsche geflochten worden sein. König Gordios soll übrigens auch der Vater des berühmten Königs Midas gewesen sein.
Nach einem Orakel sollte derjenige Herrscher über Kleinasien werden, der den Gordischen Knoten lösen konnte. Viele Männer sollen es versucht haben, aber keinem war es gelungen. Erst als Alexander der Große (356 vuZ - 323 vuZ), der König von Makedonien, im Frühjahr des denkwürdigen Jahres 333 vor unserer Zeitrechnung (3-3-3, bei Issos Keilerei, haben wir im Geschichtsunterricht gelernt) auf seinem Zug Richtung Persien nach Gordion, der von König Gordios gegründeten Stadt in Anatolien, kam, soll ihm die Lösung des Gordischen Knotens gelungen sein, indem er einfach sein Schwert zückte und den Gordischen Knoten damit durchschlug. Die Prophezeiung wurde wahr und Alexander wurde Herrscher über ganz Kleinasien.
Aber damit gab sich Alexander nicht zufrieden. Das griechische Heer Alexanders gelangte noch weiter nach Osten, bis nach Taxila in Pakistan. Dort waren die griechischen Soldaten schon so dezimiert und wahrscheinlich hatten sie auch Heimweh nach Griechenland, so dass sie den Rückzug antraten. Alexander der Große eroberte nicht nur Kleinasien, das Gebiet der heutigen Türkei, sondern später auch noch Ägypten, wo er als Pharao angesehen wurde und die Stadt Alexandria am Mittelmeer gründete. In seiner Jugend war Alexander in der makedonischen Hauptstadt Pella ein Schüler des griechischen Philosophen Aristoteles gewesen. Mit Alexander begann die antike Epoche des Hellenismus.
Jedenfalls ist die Redewendung vom Durchschlagen des Gordischen Knotens noch heute bekannt, wenn von der Lösung eines schwierigen Problems mit unkonventionellen Mitteln gesprochen wird. Andererseits, wenn Alexander nicht da gewesen wäre, dann hätten wir vielleicht heute noch ein hübsches Rätsel, an dem Knotenexperten herumbasteln könnten. Insgesamt betrachtet war Alexander ein jugendlicher Militarist und Imperialist, der ein großes Imperium begründete, das aber bald unterging, genau so wie das spätere Römische Imperium.
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2025/01/18
Dagmar Sinn
Bilder aus der Lüneburger Heide
Foto von © Dagmar Sinn, 27.9.2024.
Der Name stammt wahrscheinlich von dem unfruchtbaren Boden.
Foto von © Dagmar Sinn, 27.9.2024.
Foto von © Dagmar Sinn, 27.9.2024.
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2025/01/14
Wolfgang Webers Lesebühnen in Berlin
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2025/01/12
Rio Reiser zum 75.
West-Berlin 9. Januar 1950 - Fresenhagen/Nordfriesland 20. August 1996
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2025/01/10
Tagebuch 1974, Teil 79: Luang Prabang (Laos)
von Dr. Christian G. Pätzold
20. Januar 1974, Kasi - Luang Prabang, Sonntag
Morgens hat uns ein Laster nach Luang Prabang mitgenommen, der Decken auf der offenen Ladefläche geladen hatte. Wir waren zusammen 8 Ausländer und 2 Laoten oben auf der Ladefläche und wurden völlig zugestaubt, da die Straße nicht asphaltiert war. Gleich nach Kasi fängt das malerische Gebirge an, das sehr hoch und bewaldet ist. Die Straße führt an Berghängen entlang, die Vegetation ist tropisch.
Dass wir Reisende auf der offenen Ladefläche des Lasters untergebracht waren, war kein Problem bei dem schönen Wetter. Der Laster fuhr ziemlich langsam über die verschlungenen Bergstraßen. Das war auch nötig, denn wenn er schnell gefahren wäre, wäre er vielleicht einen Abhang in die Tiefe gestürzt, und das wäre es dann mit uns gewesen.
Zwischen Vientiane und Luang Prabang gab es an die 30 Schlagbäume und Straßensperren der laotischen Regierungstruppen. Die Regierungstruppen waren an ihren roten Fahnen mit 3 weißen Elefanten zu erkennen. Es gab unterwegs auch verschanzte Regierungsstützpunkte, an einem Stützpunkt gab es sogar einen Hubschrauber und Kanonen. Alle Leute liefen auf der Straße mit Gewehren herum.
Unterwegs kamen wir an etwa 20 Dörfern der Hill Tribes vorbei, die Tribe Peoples trugen traditionelle Kleidung. Es war viel Viehhaltung zu sehen, Schweine, Kühe und Wasserbüffel. Wir kamen auch an 2 Opiumfeldern vorbei. Wir waren ja hier im berühmten Golden Triangle des Opiumanbaus, wo der Schlafmohn so gut wächst.
In Luang Prabang angekommen haben wir 1.500 Kip (5 DM) pro Person für die Fahrt mit dem Laster bezahlt. Wir sind in der Royal Travellers Lodge abgestiegen, die einem Inder gehörte. Die Übernachtung kostete nur 500 Kip (weniger als 2 DM) pro Person, obwohl die Absteige "Königliche Reisende Herberge" hieß.
Einige Preise: Milchkaffee 50 Kip (etwa 15 Pfennige), Kola 70 bis 100 Kip, Kleines Weißbrot 30 bis 50 Kip, Nudelsuppe 100 bis 200 Kip (weniger als 1 DM), Reis mit Gemüse 300 Kip (1 DM), Zigaretten waren billig: 20 Stück für 80 Kip (25 Pfennig).
21. Januar 1974, Luang Prabang, Montag
In Luang Prabang waren wir im Informationsamt der Regierung, wo wir einen Propagandafilm gegen die Kommunisten gesehen haben. Die Story handelte von einem Regierungsarzt, dem die Medikamente von einer lokalen Dorfbande gestohlen wurden, die sie an die Nao Lao Hak Sat verkauften. Ein anwesender älterer Mann erklärte uns, dass das die Viet Minh wäre und als ich fragte: Pathet Lao ?, antwortete er: "That's all the same." Ich vermutete, dass der Film von der CIA finanziert worden war. Es gab hier auch eine "Lao-American Association", in der Fotos über das schöne Amerika ausgestellt waren und eine Bibliothek vorhanden war.
Anschließend haben wir ein paar der zahlreichen beeindruckenden Wats besucht, darunter die große Tempelanlage Wat Xieng Thong am Mekong.
22. Januar 1974, Luang Prabang, Dienstag
Morgens sind wir zum Mekong gegangen und haben zusammen mit einem englischen Zahnarzt und seiner Frau ein Motorboot gemietet, für 4.500 Kip (15 DM). Wir wollten zu den berühmten Pak Ou Caves fahren, die etwa 25 Kilometer nördlich von Luang Prabang am Mekong liegen. Es handelt sich um 2 Kalksteinhöhlen, die nur mit dem Boot über den Mekong erreichbar sind. Die Höhlen liegen an der Mündung des Flusses Nam Ou in den Mekong. Sie sind ein buddhistischer Wallfahrtsort mit hunderten von Buddhastatuen, vor allem aus Holz, die als Opfergaben von Pilgern aufgestellt wurden. Die Buddhas sollten wahrscheinlich die Wünsche der Pilger erfüllen.
Für die Hinfahrt zu den Höhlen stromaufwärts brauchte unser Boot 3 ½ Stunden, für die Rückfahrt mit der Strömung des Mekong nur 1 ½ Stunden. Wo der Nam Ou in den Mekong fließt sei der letzte Regierungsposten, danach käme das von der Pathet Lao beherrschte Gebiet, sagte unser Schiffer etwas ängstlich. Unterwegs haben wir eine Mekong Brauerei am Strand gesehen, wo aus Reis Alkohol gebraut wurde. Es waren auch Soldaten mit der Regierungsfahne am Strand zu sehen. Die Fahrt auf dem Mekong war schön, denn die Landschaft mit den Bergen ist malerisch und tropisch, obwohl der Motor des Bootes etwas zu laut war.
Abends haben wir in einem Restaurant in Luang Prabang französisch gegessen, an der Stelle, an der der Fluss Nam Khan in den Mekong fließt.
Postscriptum Januar 2025:
Die Stadt Luang Prabang mit ihren historischen Bauten ist seit 1995 UNESCO Weltkulturerbe. Heute besuchen viele Reisende die Stadt, obwohl Laos ein kommunistischer Staat ist. Der Aufenthalt in Laos ist nicht teuer. Im Moment entspricht 1 €uro etwa 23.000 laotischen Kip.
Laos ist flächenmäßig etwa so groß wie die alte Bundesrepublik Deutschland vor 1990. In Laos lebten 1974 aber nur etwa 3 Millionen Menschen. Laos war daher sehr viel dünner besiedelt als Deutschland. Es gab viel Landschaft und viel tropische Natur. Dazwischen gab es nur wenige kleinere Städte.
© Dr. Christian G. Pätzold, Januar 2025.
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2025/01/06
Tagebuch 1974, Teil 78: Vientiane II (Laos)
von Dr. Christian G. Pätzold
Foto von Wakxy, 2008. Quelle: Wikimedia Commons.
17. Januar 1974, Vientiane, Donnerstag
Morgens waren wir im Krankenhaus wegen der Pickel, die sich bei mir gebildet hatten. Die Behandlung hat 300 Kip (1 DM) gekostet. Wir haben uns mit der Ärztin unterhalten. Sie hatte 9 Jahre in Moskau studiert, auch Leningrad hat ihr gefallen. Dann habe ich ein paar Postkarten nach Deutschland geschrieben und verschickt. Anschließend haben wir unsere Wiedereinreisevisa für Thailand bei der thailändischen Botschaft abgeholt. (Weiter in die Volksrepublik China zu reisen war nicht möglich. In China war ja noch immer Kulturrevolution. Die Weiterreise nach Vietnam war auch nicht möglich. Dort tobte immer noch der Vietnamkrieg.)
Schließlich haben wir noch die Flugtickets von Luang Prabang nach Ban Houei Sai für 9.000 Kip (30 DM) pro Person gekauft. Ban Houei Sai ist die laotische Stadt am Mekong und an der Nordgrenze von Thailand, wo wir wieder nach Thailand einreisen wollten.
Abends haben wir im Centre Culturel Français den Film »Yeah, Yeah, Yeah« (A Hard Day's Night) von den Beatles gesehen, einen Film über die frühen Jahre der bekannten Musikergruppe Beatles und die Beatlemania, den ich schon 1964 in Berlin gesehen hatte. Der Film ist ein sehr sehenswertes Dokument über die Atmosphäre im Swinging London der 1960er Jahre, die ich direkt mitbekommen hatte, da ich damals in London zu Besuch war. Auch ich war damals beeindruckt von den Songs der Beatles und hörte immer ihre neuesten Hits im Radio in den "Schlagern der Woche". Meist kletterten ihre Songs in der Hitliste auf Platz 1. Die Texte ihrer frühen Songs waren oft recht einfältig, aber die englische Sprache und der Beat ihrer Musik übten eine große Faszination aus.
Danach habe ich noch einen Brief von Zhou Enlai (Premierminister der Volksrepublik China, 1898-1976) über die chinesisch-indische Grenzfrage im Himalaya mit Landkarten gelesen. Das war ein lang anhaltender Konflikt, der zu häufigen Grenzscharmützeln führte und zur dauerhaften Vergiftung der Beziehungen zwischen China und Indien beigetragen hat.
18. Januar 1974, Vientiane, Freitag
Am Morgen sind wir zum Mekong gegangen, wo wir zwei arbeitslose Jungen getroffen haben, die in einem Wat wohnten und manchmal morgens von den Mönchen noch etwas Reis abbekamen, wenn sie Glück hatten. Die Tempel (Klöster) erfüllten hier teilweise die Funktion von Schulen, in denen in Lao unterrichtet wurde, während in den Regierungsoberschulen noch in Französisch unterrichtet wurde. Die Jungen sympathisierten mit der kommunistischen Pathet Lao, da deren "Psychologie" besser sei. Sie sagten, die Jugend sei für den Sozialismus. Wir haben ihnen etwas Essen spendiert.
Nachmittags um 3 Uhr hatten wir einen Termin bei einem Leiter der Nao Lao Hak Sat (NLHS, Laotische Patriotische Front). Ihr militärischer Arm war die Pathet Lao (Lao Patriotic Forces). Die NLHS war die wichtigste Massenorganisation der 1955 gegründeten Kommunistischen Partei. Die NLHS hatte mehrere Gebäude in Vientiane. Wir waren in dem Haus gegenüber der Britischen Botschaft, der Soldat am Eingangstor war höchstens 15 Jahre alt. Dort empfing uns Phao Boumaphol, Membre de la délégation des Forces Patriotiques au Comité Mixte Central d'execution des Accordes. Er hat uns die Geschichte und das Programm der NLHS erklärt. In den befreiten Gebieten von Laos werde in den Schulen in Lao unterrichtet, die Preise für Lebensmittel seien dort viel billiger, der ausländische Konsumterror sei gestoppt. Landenteignung von Großgrundbesitzern gäbe es nur in Sonderfällen, da viel Land vorhanden sei und Neuland verteilt werden könne. Er erzählte uns, dass er vor kurzem 2 Westdeutsche aus einer Künstlergruppe zu Besuch hatte. Eine Art DDR-Kola wurde uns von schüchternen Mädchen gereicht. Zum Schluss bekamen wir noch Bücher geschenkt. Er sagte uns, dass wir die befreiten Gebiete nicht besuchen könnten, da die Warteliste lang sei, hohe Funktionäre aus der Sowjetunion, Besucher vom Roten Kreuz etc. hätten Priorität.
Unser Gesprächspartner hat uns für den Abend zu einer Filmvorführung eingeladen. Der erste Film bestand aus Nationaltänzen und Liedern. Der zweite Film zeigte eine Akrobatengruppe in den befreiten Gebieten, die erstklassige Kunststücke vorführte. Es wurde auch eine Naturhöhle gezeigt, in der eine Textilfabrik mit 300 Arbeitern untergebracht war. Höhlen spielten im Befreiungskampf eine große Rolle, da sie einen Schutz vor den Bombardierungen durch die US-Flugzeuge boten.
Im Januar 1974 gab es also 3 militärische Akteure in Laos. Erstens die laotischen Regierungstruppen, die die alte Monarchie verteidigen sollten und von den USA unterstützt wurden. Zweitens die kommunistische Pathet Lao, die von der Sowjetunion, der Volksrepublik China und von Nord-Vietnam unterstützt wurde und schon weite Teile von Laos kontrollierte. Und drittens die US-amerikanische Luftwaffe, die Stellungen der Pathet Lao bombardierte. Die Motivationslage schien mir in etwa so: Die laotischen Regierungstruppen waren nicht sonderlich motiviert, für den König zu kämpfen. Die US-Regierung hatte auch kaum noch Lust auf den teuren Krieg in Indo-China. Nur die Pathet Lao war äußerst motiviert und hatte die junge Bevölkerung auf ihrer Seite.
(Anmerkung: Im Dezember 1975 übernahmen die Kommunisten in Laos die Macht und beendeten die Jahrhunderte alte Monarchie. Die Volksrepublik Laos wurde gegründet, die auch den Zusammenbruch der Sowjetunion 1990 überdauerte.)
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19. Januar 1974, Vientiane - Kasi, Sonnabend
Heute haben wir Vientiane verlassen, um die Hälfte der Strecke nach der alten Königsstadt Luang Prabang zu schaffen. Wir sind morgens zum Evening Market gegangen und haben den Bus nach Vang Vieng für 1.000 Kip (3 DM) genommen. Der Bus war knackig voll. Die Landschaft auf dieser Strecke ist noch verhältnismäßig flach, die Vegetation ist tropisch, man kommt durch viele Dörfer, deren Häuser aus Bambus gebaut sind. Von Vang Vieng sind wir mit dem Taxi ins benachbarte Kasi für 600 Kip (2 DM) gefahren. Dort haben wir in einem leeren Haus übernachtet.
© Dr. Christian G. Pätzold, Januar 2025.
Zum Anfang
2025/01/01
Das 3. Jahr des Ukrainekriegs (2024)
von Dr. Christian G. Pätzold
Was viele vor einem Jahr befürchtet hatten, ist leider eingetroffen. Der Krieg in der Ukraine zieht sich hin. Die russische Regierung besteht auf ihrer imperialen Größe. Und die Ukrainer bestehen auf ihrer Selbstbestimmung. Der Krieg in der Ukraine hat einen das ganze vergangene Jahr im Kopf beschäftigt. Durch die grauen Zellen spukten Drohnen, Raketen, Artillerie, Verletzte, Verstümmelte, Tote, Soldaten, Zivilisten. Es nahm kein Ende. Der russische Terror gegen die ukrainische Zivilbevölkerung war pausenlos, und das schon über 1.000 Tage lang. Und dann kamen auch noch der Gaza-Krieg und der Libanon-Krieg hinzu. An allem war die deutsche Regierung mit massiven Waffenlieferungen beteiligt. Das war sehr beunruhigend. Nicht nur, weil es die deutsche Bevölkerung viele Milliarden Euro kostet, und die deutsche Bundesregierung zum Zusammenbruch geführt hat, sondern weil die deutsche Bevölkerung zur Zielscheibe wird. Die deutsche Politik steckt in diversen Dilemmata.
Anfang Februar 2024 hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj den Oberbefehlshaber der Armee Walerij Saluschnyj gefeuert und Oleksandr Syrskyj als Oberbefehlshaber eingesetzt. Als Gründe wurden die Erfolglosigkeit der ukrainischen Armee an der Front und die gescheiterte Großoffensive angegeben. Gleichzeitig haben die Republikaner im US-Kongress eine große Finanzhilfe für die Ukraine blockiert. Als Urheber hinter dieser Blockade wurde der ehemalige US-Präsident Donald Trump vermutet. Die amerikanische Finanzierung der Ukraine schien schwierig zu werden, denn die Amerikaner haben andere Interessen als die Europäer, die durch den Krieg direkter betroffen sind.
Am 16. Februar 2024 kam die Nachricht, dass der russische Staatsfeind Nr. 1 Alexej Nawalny in einem Straflager in Sibirien nördlich des Polarkreises gestorben war. Damit hatte Präsident Wladimir Putin nach Prigoschin einen weiteren Gegner beseitigt. Ende Februar musste die ukrainische Armee die Stadt Awdijiwka in der Region Donezk räumen, da der russische Druck zu groß geworden war. Der französische Präsident Emanuel Macron überlegte öffentlich, ob man westliche Bodentruppen in die Ukraine schicken sollte. So schien man Schritt für Schritt in einen 3. Weltkrieg hinein zu rutschen. Postwendend drohte Putin wieder mit dem Einsatz von Nuklearwaffen gegen West-Europa. Die prorussischen Separatisten in Transnistrien haben Russland um Schutz gebeten.
Anfang März hat Papst Franziskus die Ukraine zur Kapitulation aufgefordert, um noch mehr Tote zu verhindern. Die Ukrainer dachten natürlich überhaupt nicht daran zu kapitulieren. Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich weiter geweigert, den Marschflugkörper Taurus an die Ukraine zu liefern, da der Einsatz nur mit deutschen Soldaten möglich sei, die aber keine Kriegsteilnehmer in der Ukraine werden sollten. Am 17. März 2024 hat sich Präsident Putin für weitere 6 Jahre als Präsident von Russland wählen lassen, mit 87,3 % der Stimmen. Bedeutete das 6 weitere Jahre Krieg in der Ukraine?
Deutschland steckte tief in einem hybriden Krieg mit Russland, der viele Milliarden Euro verschlang. Aber das wurde der deutschen Bevölkerung nicht klar von der Bundesregierung gesagt, um die Bevölkerung nicht aus ihrer Komfortzone zu schrecken. Man spielte business as usual. Irgendwann bald musste es aber die deutsche Bevölkerung an ihrer Verarmung merken.
Seit Ende März 2024 sprach auch die russische Regierung offiziell von "Krieg" mit der Ukraine, und nicht mehr nur von einer "militärischen Spezialoperation".
Am 22. März 2024 ereignete sich ein großer Terroranschlag auf ein Popkonzert in Krasnogorsk nordwestlich von Moskau. Über 130 junge Menschen wurden ermordet. Es gab ein Bekennerschreiben des Islamischen Staates (IS), die russische Regierung sprach von einer Beteiligung der Ukraine. Der Vorfall zeigte, dass Putin wahrscheinlich auch Feinde im islamischen Lager hatte.
Am 8. April 2024 wurden die ersten deutschen Soldaten in Litauen stationiert. Die deutschen Soldaten sollen zu einer dauerhaften Brigade von etwa 5.000 Soldaten ausgebaut werden. Die Stationierung von deutschen Soldaten in Brigadestärke direkt an der russischen Grenze zu Kaliningrad ist offensichtlich eine große Provokation. Angesichts der deutschen Geschichte erscheinen vielen deutsche Soldaten in Ost-Europa sehr problematisch.
Anfang Mai kündigte Putin an, er wolle taktische Atomwaffen nahe der Ukraine testen. Das war der Auftakt zu seiner 5. Amtszeit als Oberhaupt von Russland. Das steigerte natürlich nicht gerade das Wohlbefinden in der Ukraine. Aus Kiew wurde gemeldet, dass Präsident Selenskyj den Chef seiner Bodyguards entlassen hat, da einige seiner Bodyguards einen Mordanschlag auf ihn verüben wollten. Und Russland startete eine Offensive in der Region Charkiw.
Präsident Putin will die Heilige Rus von imperialistischer Größe wiedererrichten, einschließlich der Ukraine, wozu er sich schon mal mit der mächtigen Volksrepublik China als Verbündeter angefreundet hat. Die USA und Deutschland wollen die Ukraine dagegen zu einem westlichen NATO-Land machen. Diese beiden Positionen sind unvereinbar. Und dazwischen steckt das arme Opfer Ukraine. In dieser Situation kann der Ukrainekrieg noch lange andauern, wenn es auch mal Kampfpausen geben mag. Die Niederlande zum Beispiel haben damals im 16. und 17. Jahrhundert einen 80-jährigen Krieg gebraucht, um ihre Unabhängigkeit vom Deutschen Reich zu erkämpfen.
Seit Anfang Juni durfte die Ukraine westliche Waffen auch gegen russisches Gebiet einsetzen, eine Eskalation des Krieges. Mitte Juni hatte Putin einen Waffenstillstandsplan vorgelegt. Seine Bedingungen waren: Die Ukraine sollte endgültig der vollständigen Abtretung der 5 Provinzen Luhansk, Donezk, Saporishia, Cherson und Krim an Russland zustimmen. Außerdem sollte die Ukraine auf einen Beitritt zur NATO verzichten und militärisch abrüsten. Diese Bedingungen wurden natürlich von der Ukraine postwendend abgelehnt.
Ende Juni gab es eine Debatte über die 1 Million nach Deutschland geflüchteten Ukrainer:innen. Von Seiten der CDU wurde kritisiert, die Ukrainer:innen würden nicht arbeiten wollen und sich stattdessen auf der Hängematte Bürgergeld ausruhen. Außerdem wurde gefordert, die Ukrainer:innen wieder in die West-Ukraine zurückzuschicken, da es dort sicher sei. Die Debatte war hauptsächlich rechtspopulistische Rhetorik für das deutsche Publikum, um der AfD das Wasser abzugraben.
Die russischen Gleitbomben, die von Flugzeugen abgeschossen wurden, waren für die Ukraine ein Problem, da sie kaum abgefangen werden konnten. Anfang August ist die ukrainische Armee erstmals in russisches Gebiet einmarschiert, in den Regionen Kursk und Belgorod. Das genannte Ziel war die Destabilisierung Russlands. Russland konnte die Gebiete nicht halten und musste viele Menschen vor der vorrückenden ukrainischen Armee evakuieren. Das machte deutlich, dass es Russland an Soldaten fehlte. Anfang September hat Putin die Nato-Staaten davor gewarnt, der Ukraine den Einsatz von westlichen Raketen gegen russisches Gebiet zu erlauben. Ein solcher Einsatz von Raketen würde bedeuten, dass Russland die NATO als Kriegsgegner betrachtet.
Putin setzte auf das Ausbluten der Ukrainer. In der ukrainischen Armee gab es viele Gefallene, außerdem viele Verletzte und Verstümmelte, deren amputierte Gliedmaßen durch Prothesen ersetzt werden mussten. Ende Oktober wurde vom ukrainischen Geheimdienst gemeldet, dass Soldaten aus Nord-Korea für Russland in der besetzten Region Kursk kämpfen sollen. Es wurde von 20.000 Soldaten aus Nord-Korea berichtet. Präsident Putin und der nord-koreanische Diktator Kim Jong-un sind schon leit längerem befreundet, wahrscheinlich auch weil Putin Atomwaffenwissen an Nord-Korea liefert. Die Zahl der bisher getöteten und verletzten russischen Soldaten wurde von der NATO mit 600.000 angegeben.
Am 5. November 2024 hatte Donald Trump von den Republikanern die US-Präsidentschaftswahl gegen Kamala Harris von den Demokraten gewonnen. Er hatte angekündigt, die finanzielle und militärische Hilfe für die Ukraine zu beenden. In diesem Fall würden enorme zusätzliche Kosten auf die Europäer zukommen, wenn die Ukraine weiter im Krieg gegen Russland unterstützt werden sollte. Einen Tag später, am 6. November 2024, ist in Deutschland die Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP zerbrochen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat den Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) entlassen, der schon vorher häufig gegen die eigene Koalition geschossen hatte. Gründe für das Ampel-Aus waren vor allem die Kosten des Ukrainekriegs, verschiedene Ansichten zur Schuldenbremse im Grundgesetz, die Talfahrt der deutschen Wirtschaft und das absehbare Scheitern der FDP an der 5-Prozent-Hürde bei den nächsten Wahlen. Im Januar 2025 wollte Olaf Scholz im Bundestag die Vertrauensfrage stellen, Neuwahlen waren für März 2025 geplant. Dann wurde die Vertrauensfrage auf Dezember 2024 vorgezogen und Neuwahlen für Februar 2025 geplant.
Am 17. November 2024 hat US-Präsident Joe Biden den Einsatz von US-Raketen weit in russischem Gebiet erlaubt, um russische Militäranlagen auszuschalten, von denen russische Raketen auf die Ukraine abgefeuert werden. Die russische Seite hat postwendend mit dem Beginn des 3. Weltkriegs gedroht.
Anfang Dezember 2024 erklärte der ukrainische Präsident Selenskyj, die Ukraine wäre zu einem Waffenstillstand bereit, wenn die von Russland unbesetzten Gebiete der Ukraine unter Nato-Schutz gestellt würden.
Zum Schluss noch eine Anmerkung zum diesjährigen Hintergrundbild von www.kuhlewampe.net: Zu sehen sind rosafarbene Räucherstäbchen, zum Trocknen aufgestellt im Dorf Quang Phu Cau in der Nähe von Hanoi/Vietnam, nachdem sie in die Räucherlösung getaucht wurden. Das Foto ist von September 2022, Fotograf ist Trantuanviet. Quelle: Wikimedia Commons. Das Foto ist Bild des Jahres 2024 bei Wikimedia Commons. Mein Rat: Ein Räucherstäbchen anzuzünden ist ok. Aber zu viele Räucherstäbchen erzeugen zu viel Feinstaub, das sollte man vermeiden.
© Dr. Christian G. Pätzold, Januar 2025.
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